Eheschließung mit Auslandsbezug

Bei Scheidungen mit Auslandsbezug ist zunächst zu prüfen, in welchem Land ein Scheidungsverfahren eingeleitet werden kann, ob also z. B. die Gerichte in Deutschland oder die in Österreich oder der Schweiz international zuständig sind. Das ist eine Frage des Internationalen Zivilverfahrensrechts (IZVR).

In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, nach welchem nationalen Recht die Ehe geschieden werden kann, ob z. B. nach dem deutschem oder einem ausländischen Scheidungsrecht. Das ist eine Frage des Internationalen Privatrechts (IPR), das auf nationaler und zunehmend auch auf supranationaler Ebene zu finden ist.

Ein deutsches Familiengericht würde insofern zunächst in die Rom III-VO schauen, eine EU-Verordnung, an der bisher 17 EU-Mitgliedstaaten teilnehmen. Sie entscheidet darüber, welches nationale Scheidungsrecht anzuwenden ist, das kann auch das Recht eines Nicht-EU-Staates sein, wie z. B. das der Schweiz.

Das in dem konkreten Fall anzuwendende nationale Scheidungsrecht wird auch als Scheidungsstatut bezeichnet.

Ist das Scheidungsstatut bestimmt, stellt sich gerade in Fällen mit Auslandsbezug häufig noch eine Vorfrage, die nach der wirksamen Eheschließung. Ein Gericht kann eine Ehe nämlich nur scheiden, wenn sie wirklich besteht. Eine fehlerhafte Ehe kann nicht geschieden werden, der Scheidungsantrag wäre abzuweisen.

Ob eine Ehe wirksam geschlossen wurde, darüber entscheidet nicht das Scheidungsstatut, sondern das Eheschließungsstatut.

Welches das im Einzelfall ist, ergibt sich nicht aus der Rom III-VO, sondern aus nationalen IPR-Vorschriften.

1) Wirksamkeit einer Eheschließung in Deutschland

In Deutschland ist hierbei zunächst zwischen verschiedengeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Ehen zu unterscheiden.

a) Eheschließung zwischen Mann und Frau

Zu den materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen gehören die Ehemündigkeit sowie das Fehlen von Eheschließungshindernissen wie z. B. einer Doppelehe.

Welches Eheschließungsrecht z. B. über die Ehemündigkeit entscheidet, richtet sich gemäß Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach der Staatsangehörigkeit, wobei jeder Ehegatte individuell zu betrachten ist: "Die Voraussetzungen der Eheschließung unterliegen für jeden Verlobten dem Recht des Staats, dem er angehört."

Maßgebend ist die Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung. Besitzt ein Mehrstaater neben der ausländischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit, so geht letztere vor, verdrängt also die ausländische (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Besitzt ein Mehrstaater nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, dafür aber mehrere ausländische, ist auf ihn das Recht des Staates anzuwenden, mit dem er am engsten verbunden ist (effektive Staatsangehörigkeit, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB).

Ist eine Person staatenlos oder kann ihre Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden, kommt es auf das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts an, und wenn sie keinen hat, auf ihren aktuellen Aufenthalt (Art. 5 Abs. 2 EGBGB). Auch Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und in Deutschland anerkannte Asylberechtigte unterstehen nicht mehr ihrem Heimatrecht, sondern dem Recht ihres gewöhnlichen bzw. aktuellen Aufenthalts (Art. 12 GFK, § 2 Abs. 1 AsylG).

Es kann deshalb bei Flüchtlingen darauf ankommen, ob die Eheschließung während der Flucht, also noch im Ausland, oder erst in Deutschland stattgefunden hat.

Subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylG (z. B. Bürgerkriegsflüchtlinge) unterstehen nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB weiter ihrem Heimatrecht.

Für die formelle Wirksamkeit kommt es darauf an, ob die Eheschließung im Inland, also in Deutschland, oder im Ausland erfolgte.

Im Inland kann eine Ehe "nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden" (Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, abgesehen vom Sonderfall der "Konsulatsehe").

Wichtige inländische Formvorschriften sind § 1310 BGB, wonach die Ehe nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden kann (obligatorische Zivilehe), und § 1311 BGB, der von den Verlobten verlangt, "persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit" die Erklärung abzugeben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

Eheschließungen im Ausland sind formgültig, wenn sie entweder dem anzuwendenden materiellen Eheschließungsrecht oder dem Ortsrecht entsprechen (Art. 11 EGBGB).

Das materielle Eheschließungsrecht kann sich z. B. nach der Staatsangehörigkeit der Verlobten richten; mit "Ortsrecht" ist das Eheschließungsrecht des Staates gemeint, in dem die Eheschließung stattfindet. Deutsche können im Ausland somit auch in religiöser Form heiraten, wenn dies dort gesetzlich zugelassen ist.

b) Eheschließung zwischen Personen gleichen Geschlechts

Zum 01.10.2017 trat in Deutschland das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts in Kraft ("Ehe für alle").

Seitdem heißt es in § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen."

In den deutschen IPR-Vorschriften ist es anders, hier wurde die gleichgeschlechtliche Ehe, was die Eheschließung angeht, nicht der verschiedengeschlechtlichen Ehe gleichgestellt, sondern der zum 01.08.2001 eingeführten "Eingetragenen Lebenspartnerschaft", die seit 01.10.2017 nicht mehr eingegangen werden kann.

Nach Art. 17b Abs. 1 Satz 1 EGBGB richtet sich die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach "den Sachvorschriften des Register führenden Staates", also anders als bei verschiedengeschlechtlichen Ehen nicht nach dem Recht des Staates, dem die Verlobten angehören, sondern dem Recht des Registrierungsorts.

Auf gleichgeschlechtliche Ehen ist die für eingetragene Lebenspartnerschaften geschaffene Regelung "entsprechend" anzuwenden, Art. 17b Abs. 4 Satz 1 EGBGB, für sie richtet sich das "Registrierungsstatut" folglich nach dem Recht des Ortes, an dem sie geschlossen und in das Eheregister eingetragen wurden.

Nur bei ihrer Auflösung ist die Gleichstellung erfolgt, hier soll auch für sie die Rom III-VO gelten (Art. 17b Abs. 4 Satz 1 EGBGB).

(wird fortgesetzt)

Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Familienrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)